Im vollbesetzten Event & Congress Center der Print Media Academy Heidelberg saßen Marketer aus verschiedenen Branchen, die sich regelmäßig mit der Frage befassen müssen, wo Kundenbindung und Gastfreundschaft aufhören und Korruption anfängt. Ein ganzer Berufsstand steht unter Verdacht: Marketer, die Kundenbindungsprogramme initiieren und betreuen, sehen sich inzwischen fast täglich mit dem Verdacht der Korruption konfrontiert. „Nicht jede Teilnahme ist gleich eine Vorteilsnahme. Events und andere Marketing-Instrumente sollen eine Marke oder ein Produkt erlebbar machen und den Dialog mit Kunden oder Mitarbeitern fördern. Dieser Dialog darf nicht von der Angst geprägt sein, einen schweren Imageschaden zu erleiden oder falschen Verdächtigungen ausgesetzt zu werden.“, so Karl Georg Musiol, Präsident des Deutschen Marketing-Verbands e. V. (DMV). Und genau darum ging es beim Marketing-Forum 2012 zum Thema „Compliance kills Marketing?“. Denn seit geraumer Zeit geistert das Wort „Logendämmerung“ durch die Medien und die Büros der Marketingabteilungen. Gemeint ist damit die Tatsache, dass eine Einladung, wie in VIP-Logen diverser Veranstaltungen, immer seltener ausgesprochen oder angenommen wird. Denn wer an Incentives, also Anreize für Kunden oder Mitarbeiter, denkt, dem fallen gleich zahlreiche Skandale der letzten Jahre aus Wirtschaft und Politik ein. Und damit legte sich der Generalverdacht der Korruption über die verschiedenen Bindungsprogramme der Unternehmen. Um diesem entgegen zu wirken, müssen einst bewährte Marketinginstrumente der Beziehungspflege neu konzipiert werden und sowohl rechtlich als auch steuerlich gut geprüft sein. Compliance-Abteilungen sind deshalb in den Großunternehmen entstanden, Mitarbeiter werden zu Compliance-Beauftragten. Ihre Aufgabe ist es, Systeme zu erarbeiten und zu implementieren, die den Anforderungen von Wirtschaftsprüfern gerecht werden. Regeltreue ist das Stichwort, verbunden mit ethischen Standards.Vor diesem Hintergrund präsentierten 14 Marketing-Clubs (MC) aus der Region Süd-West (Frankfurt, Heilbronn, Karlsruhe, Mainz-Wiesbaden, Neckar-Alb, Nordhessen, Ortenau/Offenburg, Ostwürttemberg, Rhein-Neckar, Saar, Schwarzwald-Baar, Stuttgart, Südhessen, Trier/Luxemburg) eine hochwertige Veranstaltung für die rund 170 Teilnehmer. Die Club-Präsidenten Michael Lampe (MC Karlsruhe) und Hans-Joachim Adler (MC Rhein-Neckar) luden dazu unterschiedliche Fachreferenten ein. Ein durchdachtes Gerüst hält Prüfungen stand. Im ersten Teil der Veranstaltung wurde das rechtliche und das steuerliche Gerüst erläutert, auf dem Bindungsprogramme aufgestellt werden sollten, um einer Wirtschaftsprüfung stand zu halten: Verena Eisenlohr LL.M., Rechtsanwältin und Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht, klärte über die rechtlichen Fragen der Compliance auf. Sie stellte strafrechtliche Aspekte dar, das heißt, wo der Tatbestand der Korruption erfüllt wird. Gleichzeitig gab sie Tipps, wie sich der Marketingverantwortliche bei nicht eindeutiger Rechtslage absichern kann: Wer den offiziellen Weg beschreitet und sich die Erlaubnis des Vorgesetzten beispielsweise einholt, ist gut beraten. Beim Vortrag „Steuerliche Aspekte für Zuwendungen an Kunden unter Compliance Aspekten“ informierte Diplom Finanzwirt (FH) Hans-Jürgen Riedel vom Finanzamt Karlsruhe-Durlach. Auch hier waren Offenheit und Transparenz die zentralen Themen. Er riet den Teilnehmern außerdem, sich bei einer unsicheren Entscheidung von der zuständigen Behörde beraten zu lassen.

Compliance in der Praxis
Welche Strategien zur Umsetzung der Regelkonformität entwickelten wurden, zeigten die Vorträge aus der Praxis von Dagmar Schumacher (Leitung Marketing Villeroy & Boch), Dr. Martin Auer (Bereichsleiter Konzernrecht, Compliance und Materialwirtschaft MVV Energie AG), Josef Stadtfeld (Geschäftsführer S20 e.V. The Sponsors Voice und Vertriebsdirektor Deutsche Post AG für forum gelb GmbH) und Christine Gräve (Rechtsanwältin). Schnell wurde den Zuhörern deutlich, dass große Genauigkeit, straffe Strukturen und durchdachte Organisation das Herzstück einer funktionierenden Compliance sind. Der Anspruch an die Marketingexperten ist es nun, diese in Einklang mit gelungenen und emotionalen Maßnahmen im Sponsoring, Event oder anderen Zuwendungen zu bringen. Eine wichtige und notwendige Aufgabe, um die Marketingbranche in diesem Bereich wieder handlungsfähig zu machen.
Bericht: DMV, Düsseldorf