​Marketing in Zeiten der Fragmentierung ...

​Future Simple – 10 Thesen zur kommunikativen Markenführung

Der Marketingclub Ulm/Neu-Ulm war zu Gast in der HNU – der Hochschule Neu-Ulm und wurde von Frau Prof. Julia Kormann begrüßt. Legitimes Eigenmarketing betrieb im „Vorprogramm“ ersteinmal Herr Dr. Hurler, der das Zentrum für Weiterbildung sowie das HNU-Management Forum ausführlich vorstellte.

Marketing in Zeiten der Fragmentierung ...
(v. l. n. r. Bernd Radtke, Prof. Jens Pätzmann, Prof. Julia Kormann)

​Prof. Jens Pätzmann, beim Ulmer Marketing-Preis auch in der Jury tätig, sorgte sich eingangs um die strategische Position des Marketings in den Unternehmen. Dies zeige sich z. B. an den gesunkenen Gehältern in diesem Bereich, im Vergleich zu IT oder Controlling. Was hier künftig zu tun ist, das war Inhalt seines konzentrierten Vortrages, der mit 10 Thesen zur Kommunikation begann und an einer letztlich unerwarteten Stelle endete. Doch der Reihe nach. Alles ist Marke, Crossmedia, Mobil, Content, social – so könnte man einen Teil seines Vortrages auf einen ultrakurzen Punkt bringen. Das spiegelt unseren derzeitigen Eindruck wieder, alles sei wichtig. Die Fragmentierung in Märkte, Kanäle, Altersgruppen etc. schreitet unaufhaltsam voran. Deshalb wissen wir im Grunde nur unzureichend, mit welchen Tools wir wen und was erreichen können. Was aber wäre, wenn das Ganze ein Dilemma der höheren Altersgruppen ist, die darunter leiden, dass sie noch das Leben der Vor-Internet-Ära kennen – so darf gefragt werden?  

​Hier einige Statements aus dem Vortrag von Jens Pätzmann: Marke ist auch ein „Geschäftsmodell“, aber es ist fraglich, ob z. B. Städte eine Marke sein können, wie auch Prof. Häussler von der Schweizer Markenberatung Interbrand meint. Er berät derzeit u. a. die Stadt Ulm. 44% der Menschen vertrauen der Empfehlung von Freunden, aber kann man sich darauf verlassen. Immer mehr Menschen bestimmen selbst Zeit und Ort ihres Medienkonsums. medienneutrale Ideen sind künftig gefragt. Mobile Geräte ermöglichen neben Kommunikation und Information: Spiele, TV, Location Based Services (wie „car to go“…), einkaufen, bezahlen…? Der Inhalt ist alles, alles wird Inhalt. Die aktive Partizipation steigt durch Soziale Netzwerke, Orientierung gibt es aber nur für Eigen-Aktivität? Gibt es da überhaupt noch jemanden, der unabhängig selektiert, wo alles "liquid" ist und im Grunde gleichzeitig passiert?

​Weiter ging es mit diesen provozierenden Headlines: Alles war (!) Werbung und alles war (!) Marketing. Bei der Werbung verschieben sich die Gewichte von der klassischen zur digitalen Werbung. Die großen Agentur-Netzwerke haben damit offensichtlich ein Problem. Zunehmend drängen Unternehmensberatungen in den Werbemarkt. Wollen die Werber nicht mehr nur verlängerte Werkbank sein, dann müssen sie sich mit neuen Agentur-Modellen beschäftigen. Beispiele hierfür sind laut Pätzmann Agenturen wie: IDEO, different, naked, added value und zahlreiche andere relativ neue Namen. Jetzt zum Marketing: Die Verweildauer von CMOs sei mit rund 2,5 Jahren deutlich kürzer als die von CIOs, CEOs oder auch den Personalleitern. Pätzmanns wichtiger Rückschluss lautet: Marketing alleine wird nicht mehr funktionieren. Nur in Verbindung mit einer weiteren Disziplin wie IT, controlling oder Strategie kann das Marketing künftig seine Rolle im Unternehmen behaupten.

Marketing in Zeiten der Fragmentierung ...
(...zwei Marketing-Musterschüler!)

​Eine weitere These des Abends folgte auf dem Fuße: Zurück zu den Urthemen der Menschheit! Der kleine Exkurs über den Psyhologen C. G. Jung und die 12 Archetypen konnte dabei nur angerissen werden. Das war dann doch beinahe eine Überdosis für die anwesenden Praktiker des Marketings, die womöglich Vieles richtig machen, auch wenn Ihnen der Theoretische Überbau manchmal fehlen mag. Überhaupt scheint es im Marketing durchaus eine Diskrepanz zwischen den Big Playern und dem Mittelstand zu geben, der letztlich doch etwas langfristiger denkt. Aber das könnte eine eigene Untersuchung wert sein.

Es folgte folgerichtig aber unerwartet die Präsentation eines idealen Ausbildungsplanes, wie ein Marketing-Studium künftig aufgebaut sein müßte. In jedem Falle breit und interdisziplinär! (s. Bild)

Marketing in Zeiten der Fragmentierung ...
(Bild zum Vergößern bitte anklicken)

​Ob 12 Semester dafür ausreichen? Ein halbjähriger Auslandsaufenthalt wäre natürlich obligatorisch. Der Ansatz von Prof. Jens Pätzmann überzeugt, allerdings müsste der Start dann doch früher beginnen: G8 und Bachelor hätten ausgedient. Statt G 9 wäre dann womöglich G10 angesagt, im Interesse der beschworenen Allgemeinbildung. Man sollte eben wissen, dass das „Bauhaus“ nur bedingt etwas mit "Hornbach" zu tun hat. Es kann durchaus sehr nützlich sein, die alten Philosophen zu studieren, gerade wenn es um Marketing geht. 

​Ein interessanter Vortrag, der mit einer anregenden Diskussion mit dem Dank des Präsidenten Bernd Radtke würdig endete. Der Besuch der HNU Neu-Ulm lohnt, dort werden dicke Bretter gebohrt und der MC Ulm/Neu-Ulm kommt gerne wieder!

gm