​Neu-Ulm: Geheimtipp für Ulmer!

​MC Ulm/Neu-Ulm Präsident Dr. Bernd Radtke begrüßte mit OB Gerold Noerenberg nicht nur den obersten Vertreter Neu-Ulms, sondern auch den qua Amt obersten Marketing-Beauftragten seiner Stadt zu einem Vortrag über „Entwicklungen und Perspektiven“. Ergänzt um die rhetorische Frage: „Braucht Neu-Ulm einen Slogan?“ Die Antwort und einhellige Meinung der Anwesenden vorweg. Noch braucht Neu-Ulm keinen Slogan! Wenn es nicht DER Slogan schlechthin wäre. Derzeit ist die Stadt noch mit den Basics beschäftigt, doch der Reihe nach.

​Rund 40 Zuhörer, darunter viele Neu-Ulmer Gäste hatten sich eingefunden. Gerold Noerenberg stieg zuerst tief in die Neu-Ulmer Geschichte ein, die als „Ulm am rechten Donauufer“ im Jahr 1811 begann. Bis dahin war das Areal südlich der Donau für Ulm Wirtschafts- und Freizeitraum, worauf wir noch zurückkommen werden. Einem Pfarrer wurde das im Laufe der Zeit zu dumm, er trug fortan nur noch „Neu-Ulm“ in die Taufbücher ein. Der Märchenkönig machte Neu-Ulm im Jahr 1869 zur Stadt mit einem orthogonalen Straßen/Stadtplan. Sicher kein Trumpf aus heutiger Sicht, denn „Stadtfeeling“ kommt da schwerlich auf. Im Krieg zu 80% zerstört, gab es nach 1945 ersteinmal Wichtigeres, als sich mit Fragen der Stadtqualität zu beschäftigen, zumal die Amerikaner die weitläufigen militärischen Anlagen und Gebäude des deutschen Militärs übernahmen. Was sich mit der Deutschen Einheit dramatisch änderte. Für 40 Mio Mark erstand die Stadt das Konversions-Areal, das heute Wohngebiete und öffentliche Bauten vereint. Stichwort: Wiley und HNU. Eine neue Zeit begann: Die Landesgartenschau brachte frische, grüne Ideen und mehr Stadtqualität. Und heute in den Zeiten von Stuttgart 21 ist es kaum zu glauben, dass das Mega-Projekt NU 21 längst erfolgreich abgearbeitet ist. (Theo Waigel und Frau Dr. Merck sei Dank… ) Die riesige Shopping-Mal bildet allerdings einen Riegel zum Vorfeld - man wird sehen…! Dafür wurden und werden mit dem Neubau der Sparkasse und den Wohnbauten am Jahnufer neue Akzente gesetzt. Vergessen wir nicht die ratiopharm arena und die kreuzungsfreie Europastraße. Neu-Ulm hat hier ein Investitionstempo vorgelegt, von dem die Stadt Ulm derzeit weit entfernt ist.

​Kommen wir zum Marketing: Es gibt durchaus die Meinung, Städte seien so komplex, dass sie keine Marke sein können! Wer auf die Donau-Doppelstadt schaut, der entdeckt jedoch zahlreiche Logos und Slogans: Innovationsregion – Spitze im Süden, Bioregio, Stadtentwicklungsverband, CNS, LCS usw. Überdies wählen viele deutsche Städte austauschbare Slogans. „Die junge bayerische Stadt an der Donau“ existiert bereits als Slogan für Neu-Ulm, verspricht aber keine Einzigartikeit. Nun sind die Neu-Ulmer nicht gerade für ihr hohes Selbstwertgefühl bekannt .Im Zweifelsfalls nennt man in der Fremde "Ulm" als Heimatort. So könnte ein guter Slogan eventuell mehr Binnen-Identität unter den Bürgern schaffen, aber hier habe man in Neu-Ulm ein Problem, so Noerenberg. Seit der Gebietsreform 1972 gehören viele Gemeinden zur Stadt (Pfuhl, Finningen, Holzheim …) und diese sind z. T. viel älter und pflegen durchaus ihr Selbstbewußtsein.

​Interessant waren einige Folien, die aufzeigen, welche Themen einer Stadt für die Imagebildung besonders relevant sind. Platz 1 nehmen dabei Bauwerke ein. Gefolgt von Wirtschaft, Lage und Kultur. Nun gut, man hat einen hübschen Wasserturm und ansonsten einen schönen Blick aufs Ulmer Münster. Wobei die Vermarktung gerade des Münster-Jubiläums, diesen kleinen Seitenhieb in Richtung Ulm konnte sich der OB nicht verkneifen, auch noch Luft nach oben lasse.

Mit einem Masterplan wolle man in Neu-Ulm die Stadtentwicklung letztlich vorantreiben: Entwicklung des öffentlichen Raums, Weiterentwicklung als Wohn- u. Wirtschaftsstandort sowie Identität und Image seien dabei die Aufgaben, so der Neu-Ulmer OB. Klar sei auch, dass beim Image emotionale Faktoren eine größere Rolle spielen. Hier dürfte die Zukunft gute Chancen bieten, wenn sich Neu-Ulm von einer grauen Maus in einen dezent-bunten Schmetterling verwandelt hat. Es sind ja gerade die Bilder einer Stadt, die emotional nach außen wirken.

Es folgte eine lebhafte Diskussion, wie selten erlebt, was sicher auch Dr. Bernd Radtke geschuldet war. Sein „Leib- und Magen Thema“ wurde hier verhandetl, aber auch er plädierte zum aktuellen Zeitpunkt für Zurückhaltung beim Thema Slogan. Und in der Tat konnte der Präsident des Marketingclubs brandneue Erkenntnisse aus der Stadtmarketing-Forschung präsentieren, die so nicht unbedingt zu erwarten waren.

​An der Außenwahrnehmung der Stadt Neu-Ulm jedenfalls wird hart zu arbeiten sein, selbst wenn die Bürger ihrer Stadt gerne gute Noten geben. Womit wir jetzt wieder am Anfang wären: Wer in der Donau-Doppelstadt lebt, der kennt die Vorzüge jeder Seite: In Ulm präsentiert sich`s gut, in Neu-Ulm lebt sich`s gut, einschließlich Verkehr, (demnächst wohl auch) Einkaufen, Radfahren, Essen und Trinken sowie alle Arten von Freizeit-Betätigung. Und wenn der Sommer heiß ist, dann zieht es viele Menschen an die zahlreichen Badeseen. Geheimtipps posaunt man nicht in die Welt hinaus.?! Der passende Slogan lautet deshalb: „Neu-Ulm: Ulmer Geheimtipp“. Sie dürfen ihn übrigens gleich wieder vergessen …:-)

​Wenn Marketing über Produkt, Preis und Kommunikation definiert ist, bleibt festzuhalten: Neu-Ulm ist gerade auf einem guten Weg, das Produkt entscheidend zu verbessern. Der Preis scheint in Ordnung zu sein und noch hat die Kommunikation genügend Zeit, die Quadratur des Neu-Ulmer Kreises zu schaffen und die Pappenheimer aus den Teilorten in die Stadt zu locken. Und im Windschatten der Reichsstadt segelt es sich im übrigen höchst komfortabel.

Weitere Slogans zur gefälligen Prüfung:

„Neu-Ulm: Freizeit nicht nur für Ulmer“

„Neu-Ulm – da mach ich Pause“

„Neu-Ulm – Radfahrers Traum!"

„Neu-Ulm – da schalte ich ab“

Weitere Vorschläge nimmt die Redaktion gerne entgegen.