​Psycho-Logical Pricing

​Für diesen Vortrag hätte man den Marketingclub glatt erfinden müssen! Gottseidank gibt es ihn und mit ihm seit Jahren eine kompetente Programm-Crew, die uns relevantes Wissen abseits der Schulweisheiten in den Club, sprich ins Maritim holt. Völlig überrascht waren einige Besucher hingegen vom innovativen Fladenbrot-Catering mit doppelter Kraut-Einlage – gut, reichlich und durchaus lecker. Offensichtlich wird die Maritim-Küche unter der Woche an einen Kebab-Spezialisten outgesourced. :-) Aber nun zum Vortrag:

Die rund 50 Mitglieder und Gäste kamen in den Genuss eines fulminanten Vortrags von Dr. Florian Bauer, von der Vocatus AG, (vor 10 Jahren in München gegründet, heute ca 70 Mitarbeiter…) der sogleich mit einigen Vorurteilen aufräumte: Es gibt ihn also nicht, den Homo Oeconomicus, den großen Kopfentscheider. Allenfalls kommt die reduzierte Form des Schnäppchenjägers vor. Preiskenntnisse sind bei vielen Kunden oft gar nicht vorhanden. Kaufentscheidungen werden selten hinterfragt und gehen oft nur vom Bauch aus. Wir ahnten es bereits ..! Viele Tools der Marktforschung beschäftigen sich aber ausschließlich mit der Preis-Bewertung und lassen die Motive der Verbraucher völlig aussen vor. Aber an diesem Abend ging es um die Psychologie des Kaufens, denn natürlich lässt sich auch diese erforschen.

​Doch zu Beginn warf der Referent noch einen schnellen Blick auf den Preis als Hebel für den Unternehmensgewinn. 1% Preisunterschied können durchaus 15% Ergebnisdifferenz ausmachen. So gesehen kommt dem richtigen Preis eine enorme Bedeutung bei. Wie das Beispiel aus dem Verlagswesen zeigt: Es gibt im Grunde keinen kritischen Preis, beim dem ein Abonnent oder Käufer seiner Zeitung untreu wird. Der Kunde kennt den Preis in der Regel sowieso nicht. Aber er will morgens eine bestimmte Zeitung lesen, nur darauf kommt es ihm an. Somit erübrigen sich gewisse Fragestellungen in der Marktforschung. Die "heftige" Preisanhebung war für einen bekannten Verlag, dank Preis-Marktforschung letztlich kein Problem. Schön für ihn, ist man anerkennend geneigt zu sagen!

Wichtig sind die Motive der Käufer, die Vocatus in einer aufwendigen internationalen Studie erforscht und daraus 5 Käufer-Typologien abgeleitet hat: Die "Dynamisch-Preisbereiten" lassen sich durch einen Mehrwert durchaus zu Mehrausgaben verleiten. Die "Verlust-Aversiven" haben nur das eine Trauma, nicht das Falsche zu kaufen. Nun ja, die "Vergleichsscheuen- Gewohnheitskäufer" bevorzugen ihre Marke und lassen sich durch den Preis nicht weiter stören. Die "Abgeklärt-Gleichgültigen" kaufen ein Produkt, unabhängig von der Marke und dann wären da noch die "Schnäppchenjäger", die den 50 Euro-Ikea-Gutschein schonmal für schappe 60 Euro bei ebay ersteigern, weil´s doch gerade eine sooo tolle Gelegenheit ist...!

Psycho-Logical Pricing
Bild: Stefan Ströhle (links), Programmchef des MC Ulm/Neu-Ulm dankt dem Referenten, Dr. Florian Bauer für den spannenden Vortrag

​So gesehen machen die Rabattschlachten des Handels wenig Sinn (vgl. Praktiker: 20% auf alles - ausser Tiernahrung..!), wenn man nicht masochistisch veranlagt ist. Top-Beispiel des Abends war die Strategie von Hyundai in der US-Krise vor 2 Jahren. Alle anderen Pkw-Hersteller warben mit 17% (VW) bis 49% (GM) Rabatt. Hyundai bot ein Leasing incl. Versicherung im Falle von Arbeitslosigkeit an sowie gratis eine zusätzliche Nutzung von drei Monaten im Fall der Fälle. Das Resultat: Plus 9% Umsatz. Es macht also hochgradig Sinn, sich über die Psychologie des Preises detailliert Gedanken zu machen. Großer Applaus für den Referenten und höchst zufriedene Gesichter beim Publikum. An diesem Abend hat niemand sein Kommen bereut. Dabei sein ist alles!

gm

Fotos: copyright by A. Lange Agentur