​"Über das Managen von Synapsen" - Rekord: Prof. Dr. Schroiff begeistert vor 90 Zuhörern.

​"Erfolgsfaktoren effizienter Kommunikation", das war der Titel des Vortrags von Prof. Dr. Hans-Willi Schroiff, ehemals RWTH Aachen und bis Ende 2013 oberster Marktforscher bei Henkel.

Wenige Referenten beginnen Ihren Vortrag mit dem Eingeständnis eines Irrtums. Bei Hans-Willi Schroiff war es ein Satz aus seiner Dissertation von 1982. „…der Mensch ist ein rationales Wesen, dessen Entscheidungen der Funktion eines Computers recht ähnlich sind.“ (Sinngemäß zitiert und hoffentlich kein Plagiat) Im Jahr 2013 wird der Autor des Buches „Warum Produkte floppen“ dann schreiben: „… the human mind is an emotional decision making imperative, very different to a computer“. Diesen Erkenntnisgewinn verdankt er - verdanken wir den Fortschritten in Psychologie und Medizin, mit „dramatischen“ Folgen fürs (Neuro) Marketing. 

​„Dramatisch" gut besucht war diese zweite Club-Veranstaltung im Jahr 2014. Über hundert Anmeldungen (!) für einen Vortrag und immerhin noch an die 90 Anwesende waren mit gespannter Aufmerksamkeit dabei und hatten am Ende genügend Fragen parat, wie der Referent erfreut bemerkte. Die Teilnehmer müssen es geahnt haben, dass dieser Abend des smarten Marktforschers (u. a. 25 Jahre bei der Henkel AG & Co KGaA) und Psychologen (Absolvent der RWTH mit dortiger Lehrtätigkeit) einen ganz besonderen Erkenntnis-Gewinn bieten wird. 

​Einige Kostproben: Pro Jahr floppen rund 60-80% aller Produkt-Neueinführungen in unserem Lande. Dabei gilt es für einen Hersteller, drei Erfolgsfaktoren zu beherrschen: Innovation und die damit verbundenen Prozesse, das Branding - sprich die Inszenierung der Marke sowie die Performance, also der Blick auf die Zahlen = „launch control“. Die Kauf-Entscheidung beim Kunden übernimmt das unscheinbare „Limbische System“ in den Tiefen unseres Gehirns. Es „entscheidet“ emotional und blitzschnell, während das Großhirn rational und träge die Argumente abwägt. Aber da ist die Entscheidung schon gefallen, ratz-fatz in 500 Millisekunden, mit erheblichen Auswirkungen auf die Kommunikation des neuen Produktes und den Markenauftritt. Die Inszenierung soll, nach Schroiff, emotional und konsistent erfolgen, aber dafür braucht es eine klare Positionierung. Da gibt es keine Zeit für langwierige verbal / sprachliche Verrenkungen und Dekodierungen. Es zählen Farben, Formen, Symbole, Bildwelten, Haptik, Sensorik usw. - eben die ganze Palette der Emotionalität.

​Persil für Ägypten (Black-Design und garantiert ohne Weißmacher ..!) sowie Packungsvergleiche beim Gourmet Schinken waren schlagende Bildbeispiele.

​Für die Positionierung hält das Neuromarketing als Tool ein sternförmiges Koordinatensystem mit den Eckpunkten Stimulanz, Dominanz und Balance bereit. Anhand der Produkte „Mineralwasser“ und Elektromärkte/Drogerie-Märkte präsentierte der Referent eine Positionierung, die diese (vergnügliche) Erkenntniss förderte: „ … haben Sie im Fitness-Center schonmal eine Flasche „Staatlich Fachingen“ gesehen?“ Lachen im Publikum und allen war klar, was mit Positionierung gemeint ist.

​Überhaupt gelang es Prof. Schroiff immer wieder, wissenschaftliche Erkenntnisse elegant und unterhaltend mit der Praxis zu verknüpfen und die Finger in gewisse Wunden zu legen, die erstaunlich oft in den oberen Etagen zuhause sind: „…wenn ein Vorstand nicht weiß, wie er sein neues Produkt positionieren soll, kann die beste Agentur nicht reüssieren.“ 

Womit wir bei der Performance sind, der Königsdisziplin, wenn es um den „return on invest“ geht. Die Charts des Abends sprachen eine klare Sprache: Wenn nach 3 Monaten, trotz immenser Werbe-Spendings keine Reaktion beim Umsatz zu bemerken ist, darf die Frage erlaubt sein, was eigentlich nach 9 oder 12 Monaten unterm Strich herauskommen soll? Noch scheint sich unsere Industrie das leisten zu können, „immerhin“ sind ja 20 bis 40% der neuen Produkte sogar irgendwie erfolgreich. 

Aber Produkt-Manager reagieren hier oft wie ein trotziges Kind, vielleicht sogar verständlich. Das Fazit von Hans-Willi Schroiff: „Mit den vorhandenen Tools lässt sich früh erkennen, ob das neue Produkt ein Erfolg wird und man kann hier im Grunde viel Geld retten.“ Was bleibt zu tun für die Kommunikation? „Wer einen klaren emotionalen Nutzen bietet, der wird Erfolg haben in den Köpfen und Herzen der Menschen.“

​Präsident Dr. Bernd Radtke dankte dem Referenten für den exzellenten Vortrag und moderierte die zahlreiche Fragen des hellwachen Publikums. Für den Gitarren-begeisterten Referenten gab es zum obligatorischen Geschenkkorb eine CD vom Ulmer Meister-Bassisten Helmuth Hattler. So dürfte die Heimfahrt nach Düsseldorf für den sympathischen und gar nicht "drüschen" Rheinländer zu einer „emotionalen Verknüpfung“ mit Ulm/Neu-Ulm geworden sein. Diese Positionierung haben wir also elegant gemeistert. Tja, wir Schwaben lernen schnell, kein Wunder, dass wir (fast ...) alles können.  

gm