Marketing vor Ort in der Universität Ulm. Präsident Bernd Radtke begrüßte Mitglieder und Gäste in einer Institution, die in der Vergangenheit sicher andere Schwerpunkte hatte, als das Studium der neuesten Marketing-Methoden. Schließlich gab es einmal eine ZVS, die begehrte Studienplätze zentral zuteilte? Aber die Zeiten ändern sich, wie Ellen Kamrad, Leiterin der Abt. Marketing an der Uni Ulm, in ihrer Einleitung aufzählte: Bologna Prozess, Lissabon-Vereinbarung, Exzellenz-Initiative, Hochschulpakt …:


Da kommt Einiges zusammen, was im Turm der „hehren Wissenschaft“ für Aufregung sorgen kann, von der demographischen Entwicklung einmal abgesehen. Was die Lehre angeht, kommt es mehr denn je auf die Attraktivität für die Kunden, also die Studierenden an, und die Qualität der Forschung entscheidet mit über das Renomee und die lebensnotwendigen Drittmittel. Diese machen immerhin ein Viertel des Jahres-Budgets aus. Womit wir inmitten der Basics sind: Die Uni Ulm hat ihren Schwerpunkt in der Medizin und den MINT-Fächern. Sie wurde im Jahr 1967 gegründet und hat heute 9.500 Studenten, die in rund 30 Studiengängen an vier 4 Fakultäten studieren. 3.400 Mitarbeiter (!) sind am Oberen Eselsberg beschäftigt. Unter den rund 100 bundesdeutschen Universitäten belegt die Uni Ulm im Ranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) einen Platz im ersten Drittel. Und sie möchte ihre Positionierung als "Forschungsuniversität 2020+" weiter ausbauen.

Wobei sich die Bewerber bei der Wahl des Studienortes bundeseit weniger vom Ranking als von der Entfernung zum Wohnort leiten lassen. Viele Studierende kommen aus der jeweiligen Region. (Ausnahme sind die Wirtschaftswissenschaften in Mannheim). Fakt ist, Marketing gewinnt im universitären Bereich an Bedeutung. Um die Gunst werben ja auch - je nach Fach - die Mitbewerber „Duale Hochschule“ sowie die früheren Fachhochschulen.
Wie stellt sich die Ulmer Uni auf diese Entwicklung ein? Ellen Kamrad gab einen Überblick, wie das hochschulinterne Marketing aufgebaut ist: Die Kommunikation für nicht-wissenschaftliche Zielgruppen entlang der Forschungsleistungen soll generell intensiviert werden. Die jährlichen Vorgaben erfolgen durch das „Präsidenten Briefing“, die Universitätsleitung gibt die Marschrichtung vor. Jede Fakultät hat einen Marketing-Lotsen benannt, der die Themen sondiert und in bilateralen Gesprächen mit dem zentralen Marketing die Aufgaben und Möglichkeiten fixiert. Die Marketing-Lotsen und ihre Assistenten halten untereinander Kontakt durch regelmäßige Treffen. Denn jeder Fachbereich hat seine spezifischen Anforderungen, die einerseits eine individuelle Vorgehensweise erfordern, andererseits soll jedoch die einheitliche Darstellung als Universität nicht verloren gehen. „Abverkaufsaktionen“ finden auf dem Oberen Eselsberg nicht statt, die Wissenschaft pflegt ein anderes Verständnis von Marketing, zu dem ein differenziertes „wording“ gehört. Darauf legen die Beteiligten großen Wert.

Konkrete Einblicke erhielten die Zuhörer dann von Prof. Mizaikoff, der als Marketing-Lotse der Naturwissenschaften die "Akquise" im Studium der Chemie beleuchtete. Hier besteht die Herausforderung, einerseits die Grundlagen (z. B. in der Mathematik …) bei den Studienanfängern zu „homogenisieren“, andererseits die Master-Studiengänge mit anspruchsvollen internationalen Bewerbern auszulasten. Ein echter Spagat!

Bei den Ingenieuren und Informatikern, vertreten durch Prof. Michael Weber, drohte sogar die Gefahr, dass aufgrund zu geringer Zahlen an Studienanfängern in naher Zukunft die Lichter ausgehen? Mit Hilfe einer externen Agentur und spezieller Veranstaltungsformate in den Schulen der Region konnte dieser Trend umgekehrt werden. Mit multimedialen Präsentationen treten hier die „Wissen-Schaffer“, engagierte Studierende, in Aktion. Es geht also auch ohne „denglisch“ und das sogar hochkreativ.

Die MvO Veranstaltung hatte mit einem kurzen Rundgang über den Campus begonnen (Dank an die "führenden" Studentinnen), beendet wurde sie im neuen Biergarten neben dem Botanischen Garten. Hier konnten die heimischen Pflanzen Weizen, Gerste und Hopfen in flüssiger Form studiert werden, was zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes beitrug. Eine gelungene Veranstaltung, für die sich der Club-Vorstand bei Ellen Kamrad und den Uni-Mitarbeitern mit einem kulinarischen Dankeschön revanchierte.
